Piper Supercub - ein Gletscherflugzeug
Christina Degen aus Bäretswil haben ein einstiges Flugzeug der französischen Armee nach einem Absturz restauriert. Damit leben sie nun ihren Traum vom Fliegen.
Die Leidenschaft für Oldtimer-Höhenflüge verbindet sie: Max und Christina Degen aus Bäretswil mit ihrer Piper Supercub.
Heulende Motoren, penetranter Abgasgeruch, bis zu 90 Jahre alte Motorräder, Seitenwagen und Autos, Doppeldeckerflugzeuge aus der Kriegszeit - zum fünften Mal findet das Oldtimer-Classic in Hittnau statt. Mitten im Geschehen: Max und Christina Degen-Grauer aus Bäretswil. Sie nehmen zum vierten Mal teil. "Wir kommen gerne hierher", sagt er. "Es herrscht eine ungezwungene Atmosphäre, und wir sind Fans der alten Flugzeuge."
Heuer sind sie mit einem speziellen "Baby" hergeflogen, das durch seine knallgelbe Farbe aus den zahlreichen anderen Flugzeugen heraussticht: eine Piper Supercub - ein Gletscherflugzeug. "Wir lieben die Gebirgsfliegerei", sagt sie. Und diese Leidenschaft wollten sie in Hittnau an andere Piloten weitergeben. Ihr Ehemann ist überzeugt, dass es grundsätzlich der Aufklärung über das Gletscherfliegen bedürfe: "In der Schweiz gibt es Vereine und Naturschützer, die das Gletscherfliegen verbieten wollen. Sie glauben, es schade der Natur." Ein Klischee, das nicht der Wahrheit entspreche, findet der Bäretswiler.
Erst Armeeflieger, dann Crash
Die gelbe Piper der Degens, Baujahr 1957, hat eine aussergewöhnliche Geschichte. "Sie war einst eine Überwachungsmaschine der französischen Armee", weiss Max Degen. Das französische Militär verkaufte 1971 das Flugzeug an die Segelfluggruppe Karlsruhe. Dort zog es bis 1981 als Schleppmaschine die motorlosen Segelflugzeuge in die Lüfte. Danach gelangte die Piper zu einem Aeroclub in Norditalien, ehe dieser sie 1998 an einen Schweizer weiterverkaufte.
Letzterer montierte eine Ski-Anlage am Flugzeug, um damit auch auf den Gletschern landen zu können. "Im Jahr 2006 kam es im Wallis zu einem Landeunfall", so der Bäretswiler. "Es herrschten schlechte Bedingungen, die Landung missglückte, und der Flieger erlitt Totalschaden. Der Pilot überlebte glücklicherweise unverletzt."
Ein Jahr lang geflickt
Die Degens kauften den kaputten Flieger und begannen, ihn von Grund auf neu zu bauen. "Einzig die Flügel und vereinzelte Teile waren noch zu gebrauchen. Den Rest - Rumpf, Motor, Instrumente und Fahrgestell - mussten wir aus den USA und Kanada importieren und einbauen", erinnert sich Christina Degen. Stolz erzählt sie, wie sie das Polyestergewebe über Rumpf, Flügel und Leitwerk gespannt und lackiert haben. Oft sei es mühselige Kleinarbeit gewesen. Ein volles Jahr und 2000 Arbeitsstunden haben die beiden insgesamt in die Piper investiert.
Zeit, die beide gerne opferten. "Fliegen ist nun mal unsere Leidenschaft, unser Leben." Angst, ebenfalls einmal abzustürzen, haben sie nicht. "Das Risiko, mit dem Auto zu verunfallen, ist grösser", sagt der Pilot. "Aber natürlich achten wir stets auf die Sicherheit." Besonders bei Gletscherflügen sei dies wichtig, da Landungen auf Schnee und Eis anspruchsvoll seien und regelmässiges Training voraussetzen.
Keine Profi-Flugzeugbauer
Wie sind die beiden in der Lage, einen Flieger von Grund auf selbst zu bauen? "Wir haben keine Ausbildung in der Mechanikbranche", sagt Max Degen. Er komme aus der Computerbranche, Christina war ursprünglich Flight Attendant. Vor 20 Jahren erlernten sie nebenberuflich das Fliegen. Sie bildeten sich schliesslich zu Linienpiloten und Fluglehrern weiter. Er fährt fort: "Das Bauen von Flugzeugen haben wir uns in dieser Zeit mehr oder weniger selbst beigebracht.
Die gelbe Piper ist dabei unser zweites Flugzeug." Ohne die Unterstützung von Freunden und Bekannten wäre das Vorhaben aber nicht möglich gewesen. "Für gewisse technische Arbeiten sind ausgerüstete Spezialisten unerlässlich. Während dieser Zeit durften wir schöne Erfahrungen mit Menschen machen, die den ‹Aviation Spirit› leben und uneigennützig für die Kleinfliegerei einstehen."
Leben und Fliegen geniessen
Max und Christina fliegen trotz ihrer Ausbildung nicht als Piloten für eine grosse Airline, sondern für zwei Business-Aviation-Betriebe. Diese Unternehmen befördern Geschäftsleute, Prominente und wohlhabende Familien im Privatjet. Sie wollen aber die Firmennamen nicht verraten. "Diskretion ist in diesem Geschäft sehr wichtig", erklärt Max Degen schmunzelnd.
Zudem sind beide als Fluglehrer für Schüler aller Niveaus tätig. Die Ausbildung von Gebirgspiloten findet ab dem Flugplatz Speck in Fehraltorf statt, wo der Gletscherflug eine jahrzehntelange Tradition besitzt. "Gletscherfliegen ist spannender als ein Flug mit einem Jet", schwärmt Christina Degen. "Es ist ein einmaliges Gefühl der Freiheit, allein auf einem Gletscher in 3000 Metern Höhe zu sein." Eine Freiheit, die beide nicht mehr missen möchten. Sie sind sich einig: "Wir haben den schönsten Beruf, den es gibt." Ziele hätten sie in naher Zukunft keine mehr, da sie mit ihrem Beruf bereits alles erreichten. "Wir wollen einzig das Leben und das Fliegen geniessen", sagt sie und fügt lachend hinzu: "Mit der schönsten Piper Supercub Europas."
Johannes