Smeerupdate EFRA!
EFRA-Beschluss für VG8 und VG10: Hohlkammerreifen statt Moosgummi
EFRA-Beschluss für VG8 und VG10: Hohlkammerreifen statt Moosgummi
Sonntag, den 01. April 2012 um 01:32 Uhr
In den vergangenen Wochen war es extrem ruhig um die EFRA. Nach dem Rücktritt von VG10-Referent Franky Noens schien der europäische RC-Car-Verband wie gelähmt, schienen Präsident Dallas Matthiesen und VG8-Referent Sander de Graaf förmlich untergetaucht. Gerade in der immer heftiger werdenden Diskussion um Reifenhaftmittel, die das Lager der Nitro-Onroad-Piloten regelrecht zu spalten drohte, agierte die EFRA bislang mehr als unglücklich, erwies sich teilweise sogar als unfähig. Und jetzt, quasi pünktlich zu Saisonbeginn, sorgt die EFRA für einen Paukenschlag: Moosgummi-Reifen werden für die Klassen VG8 und VG10 verboten, stattdessen werden für beide Kategorien Hohlkammerreifen vorgeschrieben. Noch ist offen, wie schnell der Beschluss umgesetzt werden kann, doch die Marschroute der EFRA ist offenbar klar: Die beiden diesjährigen A-Europameisterschaften – VG8 in Portugal und VG10 in Italien – werden bereits mit Hohlkammerreifen ausgetragen, die als Einheitsreifen ausgegeben werden.
Mit diesem Beschluss schockiert die EFRA die Szene, denn die Verwendung von Hohlkammerreifen galt bislang als unvorstellbar. Doch die EFRA sieht darin die einzige Chance, bei den Reifen verlässliche Kontrollen und die Umsetzung von Einheitsreifen zu realisieren. Dabei übt die EFRA auch den Schulterschluss mit den nationalen Verbänden, die bei der Beschlussfassung entsprechend den gültigen Statuten mit im Boot war. Auch der DMC war eingebunden, obwohl er sich mit seiner Resolution zu den Haftmittel-Beschlüssen bei der EFRA-Jahressitzung im November 2011 in Brüssel den nachhaltigen Zorn von Matthiesen und Co. zugezogen hatte.
Breite Zustimmung, nur Italien schert aus
DMC-Präsident Fredy Dietrich, der ja quasi als Don Quichote gegen die Haftmittel-Verwendung ankämpfte und auch andere Nationalverbände gegen die EFRA aufbrachte, hat mit seinem unerbittlichen Einsatz letztlich maßgeblichen Anteil am Umdenken der EFRA. Dem entsprechend stimmte Fredy Detrich auch mit „ja“, für die Einführung von Hohlkammerreifen, so wie fast alle EFRA-Mitgliedsverbände. Diejenigen, die maßgeblich für die Verbreitung der Haftmittel-Seuche in Europa gesorgt haben, haben mit „nein“ gestimmt: Die Italiener scheren aus, doch es ist fraglich, ob sie den Boykott lange durchhalten, ob sie sich als führende VG8-Nation auf Dauer isolieren können, was einem Verzicht auf internationale Wettbewerbe und prestigeträchtige Erfolge gleich kommt. Dies hätte auch einen negativen Einfluss auf die starke RC-Car-Industrie Italiens, die nur ungern Marktanteile einbüssen möchte.
Die Vorteile von Hohlkammerreifen liegen auf der Hand: Anders als Moosgummi-Reifen reduziert sich der Durchmesser von Hohlkammerreifen mit zunehmender Laufzeit nicht. Die Frage nach dem richtigen Durchmesser für den Start eines Finales entfällt ebenso wie das unterschiedliche Fahrverhalten mit geringer werdendem Durchmesser. Teure Reifenschleifmaschinen gehören der Vergangenheit an. VG8-Racing wird also einfacher und günstiger, zwei Punkte, die bei der EFRA ohnehin im Fokus stehen, bisher aber verfehlt wurden. Und weil der Reifendurchmesser keine Rolle mehr spielt, können auch viel einfacher Einheitsreifen vorgeschrieben werden. Bei Moosgummi-Reifen war der Punkt unterschiedlicher Bedürfnisse bezüglich des Durchmessers ein offenbar vernichtendes Argument für die Einführung von Einheitsreifen.
Faszination VG8: Keine Motoren-Restriktionen
Die EFRA schlägt mit der Einführung von Hohlkammerreifen gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. VG-Racing wird nicht nur einfacher und günstiger, vielmehr werden auch Veränderungen im Motorenreglement hinfällig. Denn mit Hohlkammerreifen sinken die Kurvengeschwindigkeiten spürbar, auch das ein Ziel der EFRA, die dies aber mit Änderungen an der Karosserie, also an der Aerodynamik, zu erreichen versuchte. Gleiches gilt für den faszinierenden Speed der VG8-Renner, der diese Klasse zur Formel 1 des RC Car-Sports macht. Damit die Faszination der Geschwindigkeit erhalten bleibt, streicht die EFRA auch die Beschneidung der Motoren durch 8mm-Venturi und 16-prozentigen Sprit. Die VG8-Boliden werden auch künftig die gewohnt brachiale Beschleunigung haben, doch auf Grund des geringeren Kurvenspeeds werden sie beherrschbarer. Das Streichen der Motoren-Restriktionen wurde auch von den Italienern mit Erleichterung aufgenommen.
Während die Einführung von Hohlkammerreifen bei VG10-Tourenwagen als unkritisch betrachtet wird, nicht zuletzt weil ja auch die Elektro-Tourenwagen des gleichen Maßstabs in Europa seit Jahren erfolgreich mit Hohlkammerreifen fahren, ist diese Maßnahme bei VG8-Rennwagen deutlich kritischer.
Robert Pietsch: „Gewöhnungsbedürftig, aber es geht“
Daher hat die EFRA – quasi in geheimer Mission – ausgewählte Reifenhersteller ins Boot geholt, die für erste Tests, an denen auch VG8-Weltmeister Robert Pietsch („Es ist gewöhnungsbedürftig, aber es geht und ist für alle gleich.“) beteiligt war, bereits einige Prototypen bereitstellen konnten. Durch die Erfahrungen aus dem VG5-Bereich konnte sehr schnell brauchbare Einlagen gefunden werden. Sorgen bereiten derzeit noch die Verklebungen mit der Felge, Nachkleben dürfte durchaus an der Tagesordnung sein. Wie zu hören war, könnten nach der Einführung der Hohlkammerreifen schon bald neue Felgen mit größerem Durchmesser ins Spiel kommen, was von der EFRA wohl auch großzügig abgesegnet werden wird. Größere Felgen lassen Reifen mit günstigerem Niederquerschnitt zu, deren Verklebungen durch eine geringere Neigung zum Walken und durch reduzierte Seitenkräfte weniger belastet werden. Übrigens können, wenn die ersten Formen für die in VG8 und VG10 erforderlichen Reifengrößen existieren, auch brauchbare Regenreifen mit unterschiedlichen Profilen auf dem Markt erwartet werden.
Bleibt die Frage, was macht Deutschland. Geht es nach Fredy Dietrich, werden auch in Deutschland die Hohlkammerreifen eingeführt, und zwar noch während der laufenden Saison. Dies hängt jedoch nicht nur von der Verfügbarkeit ausreichender Mengen ab. Sorgen bereitet dem DMC-Präsidenten der jüngste Entscheid des DMC-Schiedsgerichtes, das eine Reglementänderung zum Fahrzeuggewicht durch die VG-Kommission wieder rückgängig machte. Der unbedachte Satz von Schiedsgerichtsobmann Ralf Zeigermann, dass „der DMC nicht der EFRA hinterherlaufen müsse“, könnte dem DMC sozusagen aufs Haupt fallen, wenn ein Beschluss der Kommission pro Hohlkammerreifen erneut vor das Schiedsgericht gezerrt würde. Das wäre bizarr, schließlich ist der DMC ja in der Reifen-Thematik der EFRA regelrecht vorausgelaufen.
Zusätzliche Messgeräte, auch für den Sportkreis West
Und trotz aller Vorzüge durch Hohlkammerreifen bleibt das Thema Haftmittel noch offen, schließlich ist das „Schmieren“ bei den Elektro-Fahrern an der Tagesordnung. Allerdings hat die Verwendung von Haftmitteln bei Hohlkammerreifen eine weitaus geringere Wirkung, vor allem mit fortschreitender Renndauer, als bei Moosgummireifen. Das Einmassieren oder der Kauf einer teuren Maschine zur Behandlung der Reifen wären ohnehin passé.
Doch soweit will es die EFRA erst gar nicht kommen lassen: Sie will ein striktes Verbot und hat sich dazu durchgerungen, die massiven Gewinne aus den überzogenen Homologationsgebühren für Akkus, Karossen und Resorohre in die Anschaffung mehrerer miniRAE-Messgeräte zu investieren, zunächst für die europäischen Prädikatsrennen, aber auch zum Verleihen an nationale Verbände. Der DMC hat immerhin schon ein eigenes Gerät, wird aber, auch mit Geldern aus dem FAR-Topf, weitere Geräte anschaffen. Sportkreis-West-Vorsitzender Heinz Kroezemann: „Auch dem Westen ist ein eigenes miniRAE zugesagt worden. Wir hoffen, dass wir schon in Kürze das Gerät haben, schließlich setzen wir unverändert auf saubere und faire Rennen.“